Wicca

Wisst Ihr mehr über Mythologie, Philosophie, Religionen, Symbole, Mystik, Joseph Campbell etc., als Ihr in englischer Sprache ausdrücken könnt? Oder interessieren euch Themen, die speziell für den deutschen Sprachraum relevant sind? Für Beides ist das deutschsprachige Diskussionsforum der richtige Ort!

Moderator: Martin_Weyers

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Gerard
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Post by Gerard »

In Holland ist schon seit ziemlich lange Zeit die 'Wicca''Bewegung?' ziemlich beliebt bei selbstbewuste Frauen die es auf ihre eigene Art machen wollen. Auch gibt es ganz viel Interesse fuer die 'Goddess''movement' Ich bin neugierig ob das in Deutschland auch so ist und was euere Meinung nach die Gruende sein koennen fuer dieses Erwachen? Ist es eine Reaktion auf das historisch gewachsene 'Maennliche' denken?

Ich glaube die Wicca ist im Rahmen die Priesterin, stimmt das?

Koennte die Wicca fuer die Frau sein (werden), was der Helden fuer den Mann ist?



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....and her laughter was pure delight and mischief: 'This, Enki, you will never find out!'

<font size=-1>[ This Message was edited by: Enki on 2005-09-15 12:49 ]</font>

Solitaire
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Post by Solitaire »

Lieber Gerard,
Wicca ist eigentlich ein Sammelbegriff für eine Strömung unter den Neuheiden/Neopaganen.

Das korrekte Femininum für eine weibliche Wiccapraktizierende wäre eigentlich wicce, die männliche Form wicca, im deutschen Sprachgebrauch hat sich aber Wicca als Ssammelbegriff durchgesetzt.

In vielen Richtungen der Wicca spielt die Dualität weiblich/männlich (Große Göttin und ihr consort, der Gehörnte - bitte nicht verwechseln mit Teufel, Satan, Baphomet o. ä., das kommt aus einer anderen Richtung und hat mit Wicca nichts zu tun) eine große Rolle, wobei es aber auch durchaus nur weiblich zengtrierte Strömungen (Starhawk, reclaiming) gibt.

<font size=-1>[ This Message was edited by: Solitaire on 2006-06-29 03:23 ]</font>

<font size=-1>[ This Message was edited by: Solitaire on 2006-06-29 03:24 ]</font>

Martin_Weyers
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Post by Martin_Weyers »

Vielen Dank für die Infos, Solitaire! Handelt es sich wirklich um ein Erwachen, wie Gerard sagt, oder ist es nicht eher eine von vielen Splittergruppen und -bewegungen als Folge einer allgemeinen Suche und Neuorientierung auf dem "Markt der Konfessionen" und Spiritualitätsangebote (um an eine Formulierung von Peter Sloterdijk anzuknüpfen)?
On 2005-09-13 16:37, Gerard wrote:
Koennte die Wicca fuer die Frau sein (werden), was der Helden fuer den Mann ist?
Ich persönlich glaube, daß die Heldenreise ein psychologisch-metaphysisches Modell bietet, das für Männer genauso wie Frauen geeignet ist. Ein "Erwachen" gibt es aber vielleicht insofern, als daß heute tatsächlich mehr Frauen nach eigenen Wegen suchen und damit (ob sie es wollen oder nicht) den Weg des Helden gehen. Sofern sie ihre persönliche Geschichte erzählen und verbreiten, wächst dadurch auch nach und nach ein Schatz an Geschichten rund um die "Heroinenreise" heran.

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Solitaire
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Post by Solitaire »

Nun, für eine Spittergruppe ist das Ganze inzwischen schon etwas zu groß (In den USA ist Wicca eine anerkannte Religion).

Vieles aus dem heutigen Wicca hat Elemente aus keltischer und germanischer Glaubensvorstellung, aber wie jeder Glaube lebt und entwickelt sich auch Wicca weiter und es gibt innerhalb vom Oberbegriff "Wicca" auch viele weitere Richtungen (eine Synopse über Wicca findet ihr hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Wicca ), ich muss aber sagen, dass ich nicht in allen Punkten mit dem Verfasser des Artikels 100% übereinstimme, aber das liegt wie gesagt auch daran, dass es inzwischen so viele Subströmungen bei Wicca gibt), du kannst es am ehesten mit der Entwicklung einer Sprache vergleichen: irgendwo gab es eine historische Wurzel und im Laufe der Jahrhunderte hat es Sprachreformen und die Entwicklung von Subsprachen, Fachsprachen, Dialekten, etc gegeben <IMG SRC="/forum/images/smiles/icon_smile.gif"> wie aber genaus diese Wurzel aussah, sich schrieb oder genau aussprach, weiß heute keiner mehr <IMG SRC="/forum/images/smiles/icon_wink.gif">

Was natürlich für viele heute an Wicca interssant ist: ist einmal die Magie (wobei nicht alle Wicca auch tatsächlich Magie praktizieren), der naturnahe Aspekt, die Identifikationsmöglichkeit mit Göttinnen und schamanische Elemente.

Leider muss ich aber auch sagen, dass draußen genug "Pseudohexlein" rumrennen, für die Wicca momentan "hip" ist, die aber keinen blassen Dunst vom spirituellen Hintergrund haben.

<font size=-1>[ This Message was edited by: Solitaire on 2006-06-29 03:57 ]</font>

Solitaire
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Post by Solitaire »

Stichwort "Heroinnenreise": wenn wir mal in die Märchenwelt gehen, gibt es genug "Heroinnen", z. B. Sterntaler, Goldmarie und Pechmarie, Schneewittchen, Tatterhood (sorry, da kenne ich den deutschen Titel nicht) und noch viele andere.
Blessings, Solitaire (creator of the Wiccan Cards, published by LoScarabeo, Turin, available at www.houseoftarot.com )<br><BR><br><BR>"The moral value of a nation can be judged by the way its animals are treated."

Martin_Weyers
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Post by Martin_Weyers »

On 2006-06-29 04:00, Solitaire wrote:
Stichwort "Heroinnenreise": wenn wir mal in die Märchenwelt gehen, gibt es genug "Heroinnen", [...]
Stimmt! Aber siehst du Märchen als Mythen für Kinder, oder als eine gleichwertige Kulturform auch für Erwachsene?

Wenn man Märchen als Mythen versteht, die der kindlichen Psyche gerecht aufbereitet sind, dann würde dies bedeuten, daß Heroinenreisen bislang mehr für die frühen Entwicklungsphasen der Frauen geschrieben wurden; Während vielleicht Frauen wie z.B. Jean Shinoda Bolen an einer Mythologie oder Heroinenpsychologie für erwachsene und reifere Frauen arbeiten.
Works of art are indeed always products of having been in danger, of having gone to the very end in an experience, to where man can go no further. -- Rainer Maria Rilke

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Post by Solitaire »

Märchen sind durchweg auch was für Erwachsene, nimm einmal allein "Frau Holle", was da noch an altem Gedankengut über die Große Göttin drin steckt, faszinierend.

Oder "Brüderlein und Schwesterlein", auch da eine Entwicklungsreise mit Initiation, dem göttlichen Zwillingspaar, das man in etlichen Kulturen wieder findet, den Tierhelfern, etc.

Ich denke, dass sich in der heutigen Zeit auch der Blick auf Märchen grundlegend geändert hat, wurden sie früher eher als "Kinderkram" oder "moralisierende Belehrungen für Kinder" angesehen wurden, so haben wir heute das Glück, Märchen auch noch als Bewahrer von Kulturgut zu sehen (ok, haben die Gebrüder Grimm auch getan) oder als psychologische Metaphern (und das waren sie nicht erst seit Eugen Drewermann).

Martin_Weyers
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Post by Martin_Weyers »

On 2006-06-29 09:15, Solitaire wrote:
Märchen sind durchweg auch was für Erwachsene,
Dem stimme ich zu, auch wenn ich das "durchweg" vielleicht streichen würde! Ich selber beschäftige mich durchaus auch mit Märchen.

Dennoch fällt mir auf, dass zeitgenössische Romane für Erwachsene (sofern sie unter "Literatur" und nicht unter "Fantasy" und "Unterhaltungsliteratur" geführt werden) meistens psychologisch, sozialkritisch oder aufklärerisch angelegt sind, dagegen kaum je mythische Themen behandeln bzw. mythische Erzählmittel einsetzen. Ganz anders Bücher für Kinder und Jugendliche (die dann wiederum gerne auch von Erwachsenen gelesen werden): Die unendliche Geschichte, Harry Potter, Sophie's Welt, ...

Überspitzt gesagt: Mir scheint, wir haben den Mythos in die Kinderzimmer verbannt.

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