In Zusammenhang mit der kommenden Fussball-WM finde ich das Drumherum ganz interessant. Auf dem Feld führen zwei Mannschaften einen rituellen Kampf durch, während die Anhänger in einem Gruppengefühl verschmelzen, Symbole ihrer Zugehörigkeit, wie Fahnen und Schals, präsentieren und bestimmten Ritualen folgen. Eigentlich kommt darin etwas ganz Archaisches zum Vorschein. Oder was meint ihr?
Gibt es noch andere Beispiele, wo wir im Alltag auf ganz archaische Rituale zurückgreifen? Auch geschlechtsspezifisches Verhalten finde ich in dem Zusammenhang interessant.
Archaische Rituale im Alltagsleben
Moderator: Martin_Weyers
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Hallo Steppenwolf,
obwohl ich eigentlich Fußballbanause bin, glaube ich, daß solche Ereignisse für viele tatsächlich eine wichtige Funktion ausüben, indem sie eine Möglichkeit bieten, starke Emotionen auszuleben (wie andere vielleicht in der Kunst, Theater, Musik etc.) und sich darüberhinaus mit einer Idee, einem Bild oder einer Vorstellung zu identifizieren, um damit gleichsam über die eigene Persönlichkeit hinauszuwachsen.
Andererseits mag die Idee oft missbraucht werden, um die eigene Person unangemessen aufzuwerten, und Zugehörige anderer Gruppen herunterzumachen. Aber das geschieht in organisierten Religionen schließlich ganz genauso.
Ich persönlich verwende ungern den Begriff Alltagsmythen, so wie es der Philosoph Roland Barthes getan hat. Als Mythos ließen sich die säkularen Großereignisse der Sportarenen m. E. nur als Trivialisierungen begreifen, wohingegen sie als soziale Rituale wichtige Funktionen haben mögen, die denen mancher archaischer Gesellschaftsrituale nicht unähnlich sind.
Man könnte auch sagen: Die mystische Funktion ist weggefallen, und was übrigblieb, ist die soziale und psychologische Funktion.
Vielleicht sind diese Sportereignisse tatsächlich sublimierte Kriegsrituale, die zu starken psychologisch-sozialen Erfahrungen verhelfen und zudem kämpferische Energien auf eine (zumeist) harmlose Weise kanalisieren helfen.
Das Mitfiebern mit den "Helden" in Fernsehserien und TV-Talkshows ist für manche vielleicht ebenfalls ein archaisches Ritual, was natürlich nicht heißen muß, daß es psychologisch in jeder Weise förderlich ist. (Den Begriff Ritual gebrauche ich zunächst wertfrei, da schließlich alles Mögliche unterschiedlichsten Wertes und unterschiedlichster Erwünschtheit ritualisiert werden kann.)
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"The only one who knows this ounce of words as just a token, is he who has a tongue to tell but must remain unspoken." Moondog
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<font size=-1>[ This Message was edited by: Martin_Weyers on 2006-05-04 14:48 ]</font>
obwohl ich eigentlich Fußballbanause bin, glaube ich, daß solche Ereignisse für viele tatsächlich eine wichtige Funktion ausüben, indem sie eine Möglichkeit bieten, starke Emotionen auszuleben (wie andere vielleicht in der Kunst, Theater, Musik etc.) und sich darüberhinaus mit einer Idee, einem Bild oder einer Vorstellung zu identifizieren, um damit gleichsam über die eigene Persönlichkeit hinauszuwachsen.
Andererseits mag die Idee oft missbraucht werden, um die eigene Person unangemessen aufzuwerten, und Zugehörige anderer Gruppen herunterzumachen. Aber das geschieht in organisierten Religionen schließlich ganz genauso.
Ich persönlich verwende ungern den Begriff Alltagsmythen, so wie es der Philosoph Roland Barthes getan hat. Als Mythos ließen sich die säkularen Großereignisse der Sportarenen m. E. nur als Trivialisierungen begreifen, wohingegen sie als soziale Rituale wichtige Funktionen haben mögen, die denen mancher archaischer Gesellschaftsrituale nicht unähnlich sind.
Man könnte auch sagen: Die mystische Funktion ist weggefallen, und was übrigblieb, ist die soziale und psychologische Funktion.
Vielleicht sind diese Sportereignisse tatsächlich sublimierte Kriegsrituale, die zu starken psychologisch-sozialen Erfahrungen verhelfen und zudem kämpferische Energien auf eine (zumeist) harmlose Weise kanalisieren helfen.
Das Mitfiebern mit den "Helden" in Fernsehserien und TV-Talkshows ist für manche vielleicht ebenfalls ein archaisches Ritual, was natürlich nicht heißen muß, daß es psychologisch in jeder Weise förderlich ist. (Den Begriff Ritual gebrauche ich zunächst wertfrei, da schließlich alles Mögliche unterschiedlichsten Wertes und unterschiedlichster Erwünschtheit ritualisiert werden kann.)
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<font size=-1>[ This Message was edited by: Martin_Weyers on 2006-05-04 14:48 ]</font>
Ich bin mal ketzerisch und behaupte, dass bereits jede repetitive Handlung ein Ritual ist <IMG SRC="/forum/images/smiles/icon_wink.gif">
Übrigens, habt ihr gesehen, dass z. B. die Mannschaft aus Equador ihren Schamanen dabei hatte, der vor dem Spiel Rituale und Weihen durchführte, die zum Sieg verhelfen sollten?
Angeblich habt auch die Mannschaft aus Tobago einen Obea-Priester zum selben Zweck engagiert.
Übrigens, habt ihr gesehen, dass z. B. die Mannschaft aus Equador ihren Schamanen dabei hatte, der vor dem Spiel Rituale und Weihen durchführte, die zum Sieg verhelfen sollten?
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Und wer hat bislang der deutschen Mannschaft geholfen? Etwa Papst Benedikt, mit Hilfe von Voodoopuppen in den hinteren Verliesen des Vatikan? -- Stoff für einen neuen Dan Brown Roman! <IMG SRC="/forum/images/smiles/icon_wink.gif">
Works of art are indeed always products of having been in danger, of having gone to the very end in an experience, to where man can go no further. -- Rainer Maria Rilke
Oh, ich sehe Benedikt eher mit dem Heiligen Gral in Händen, die Augen fanatisch verdreht, in religiöser Verzückung, das wäre doch Stoff für eine Fortsetzung zu "Sakrileg" <IMG SRC="/forum/images/smiles/icon_wink.gif">On 2006-06-29 08:49, Martin_Weyers wrote:
Und wer hat bislang der deutschen Mannschaft geholfen? Etwa Papst Benedikt, mit Hilfe von Voodoopuppen in den hinteren Verliesen des Vatikan? -- Stoff für einen neuen Dan Brown Roman! <IMG SRC="/forum/images/smiles/icon_wink.gif">