Filme & Bücher

Wisst Ihr mehr über Mythologie, Philosophie, Religionen, Symbole, Mystik, Joseph Campbell etc., als Ihr in englischer Sprache ausdrücken könnt? Oder interessieren euch Themen, die speziell für den deutschen Sprachraum relevant sind? Für Beides ist das deutschsprachige Diskussionsforum der richtige Ort!

Moderator: Martin_Weyers

Martin_Weyers
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Post by Martin_Weyers »

An dieser Stelle können Bücher und Filme vorgestellt und diskutiert werden, in denen mythologische Motive eine Rolle spielen.

Martin_Weyers
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Post by Martin_Weyers »

Whale Rider


... ist ein Film über die Ureinwohner der neuseeländischen Ostküste. Dem Mythos zufolge wurde der Urahn Paikea nach dem Kentern seines Kanus von einem Wal gerettet, der ihn an Land getragen hat. Seitdem wird in jeder Generation ein männlicher Nachfahre als Oberhaupt des Stammes nach Paikea benannt.

Als nun der zukünftige Hoffnungsträger, auf den der Titel übertragen werden soll, bei der Geburt stirbt (und mit ihm die Mutter), die Zwillingsschwester jedoch überlebt, ist die Enttäuschung bei dem Stammesführer Koro groß, zumal sein Sohn dem Mädchen den Namen Pai(kea) gibt. Diese wird sich wenige Jahre später berufen fühlen, gegen den Willen Ihres Großvaters Koro, die Nachfolge Paikeas anzutreten...

Was mir gefällt an dem Film, ist die unaufdringliche Art, mit der hier soziale Probleme mit mythologischen Motiven vermischt werden. (Nur der Schluss erschien mir ein wenig aufgesetzt. Wie schön wäre es gewesen, wäre Pai einfach auf dem Wal davongeritten...)

<font size=-1>[ This Message was edited by: Martin on 2003-08-31 03:18 ]</font>

Merpa
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Post by Merpa »

Mir hat Whale Rider im Grunde auch gut gefallen. Ich kann mich aber Martin nur anschließen: Ein offenes Ende wäre viel interessanter gewesen und die Szene, in der Pai auf dem Wal reitet - eine der eindrucksvollsten Sznenen des ganzen Films - hätte einen guten Schluß gegeben. Aber: happy ends lassen sich besser vermarkten.

Martin_Weyers
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Post by Martin_Weyers »

Hi Merpa,

ich bin eigentlich gar nicht gegen happy endings. Das Ende, das wir beide bevorzugt hätten wäre zwar offener, aber nicht negativ gewesen. Vielleicht geht es eher darum, daß man als Zuschauer nicht zu deutlich gesagt bekommen sollte, daß nun alles happy ist. Glück muß ja nicht immer darin bestehen, daß exakt dasjenige eintrifft, was wir wünschen und erwarten...

_________________
"Of course there are many schools of thought, of which I am the master of none." Clemsy Diggs

<font size=-1>[ This Message was edited by: Martin on 2003-09-26 17:12 ]</font>

B.E.P.
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Post by B.E.P. »

Buchvorschlag: ORGELUSE und ADA MCGRATH

Ega Friedmann "Vom weiblichen Ungehorsam" (inclusive Filmtip: "Das Piano" von Jane Campion)

Zum Buch:
Zitat
"Frauen werden nicht mehr auf dem Scheiterhaufen verbrannt, wenn sie sich weigern, ihr Leben nach männlichen Wertvorstellungen auszurichten. Sie werden aber immer noch durch vielfältige Tabus daran gehindert, ein authentisch weibliches Selbstverständnis zu entwickeln. Insbesondere von Frauen, die beruflich erfolgreich sein möchten, wird gefordert, "ihren Mann zu stehen" und Selbstentfremdung durch die Übernahme männlicherzu fördern. unehmend ist bei Frauen ein Unbehagen, ja ein unterschwelliger Zorn gegen diese Vergewaltigung ihrer weiblichen Persönlichkeit auszumachen, doch es fehlen ihnen Vorbilder, wie sie zu ihren schöpferischen Wurzeln und zu einem kraftvollen spirituellen Frausein finden können.

Das vorliegende Buch stellt deshalb drei Frauen aus ganz verschiedenen Epochen vor, die in ihrem Mut als Vorbilder für weibliche Selbstbestimmung dienen können: die mythologische Gestalt der Orgeluse aus der mittelalterlichen Gralslegende, Ada McGrath, die stumme Protagonistin des Films "Das Piano", und Kathrin, eine junge, beruflich erfolgreiche Frau aus heutiger Zeit, die im Rahmen einer Psychotherapie ihre eigene Geschichte erzählt."

weiter aus dem Inhalt: Wo finden sich Mythen, die von dem reden, was Frauen heute umtreibt?
Ein solcher Mythos taucht erstmals im 12. Jahrhundert auf. Sein Thema ist nicht die Beschwörung ursprünglicher weiblicher schöpferischer Macht, sondern die Antwort auf erlittenen Verlust, der Schrei nach der verlorenen weiblichen Sprache. Er beschreibt die Erfahrungen gedemütigter Frauen und wie aus ihrer Trauer und ihrem Zorn, aus ihrem Ungehorsam und ihrer Verlassenheit ein komplexeres und individualisiertes weibliches Ich wiedergeboren wird. Es ist die Beschreibung einer Initiation in weibliche Spiritualität....

Eine wahlverwandte Schwester der mythischen Orgeluse und eine Wiederkehr des Motivs des weiblichen Ungehorsams und der Verweigerung findet sich siebenhundert Jahre später in der Gestalt von Ada McGrath von Aberdeen in Schottland...Diese filmische Geschichte einer Frauwerdung in der Form einer mühseligen Initiation mit vielen schmerzlichen Wiedergeburten schildert äußerst differenziert die Komplexität der Beziehungen zwischen Frau und Mann, Weiblichem und Männlichem, aus dem Erleben der Frau....

SiCollier
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Post by SiCollier »

Ein Vorschlag für Bücher (eigentlich sind es sechs):

Michael Ende „Die Unendliche Geschichte“, und wenn die durchgelesen ist, die Reihe „Die Legenden von Phantasien“. Eine Romanreihe, die bei Droemer erscheint, bisher 5 Bücher, im September ein nächstes. Hier werden Motive aus der „Unendlichen Geschichte“ als eigenständige Romane fortgesponnen. Zählt zwar zu Fantasy, aber ich bin der Meinung, daß in den Büchern sehr stark mythologische Motive verarbeitet wurden. Hier sind die Titel:

Ralf Isau „Die geheime Bibliothek des Thaddäus Tillmann Trutz“
Tanja Kinkel „Der König der Narren“
Peter Freund „Die Stadt der vergessenen Träume“
Ulrike Schweikert „Die Seele der Nacht“
Wolfram Fleischhauer „Die Verschwörung der Engel“ (Mit seiner <b>Lehre</b> von der <b>Leere</b>, aus der alles kommt, und in der alles enthalten ist, gab mir das am meisten zu denken.)

Siddha
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Post by Siddha »

Martin und Merpa...

Martin, wenn du mal nack Kanada komst dan mussen wir zum kino gehen! Whale Rider is einer meinen liebsten Filme!!! :wink:

Das Ende... ich denke das wenn Paikea einfach mit dem Whal unter geht, mit dem vielen weinen und shreien wuerde man denken das sie tot ist. Aber ihr "mission" war nicht nur dem Koro etwas zu zeigen, ihre "mission" war ihre ganze Groupe zu "evoluzieren(?, evolve)". Hier in Kanada haben wier eine sehr aenliche Situazion, unsere "natives" haben sehr shoene Traditionen un Mithology, aber si haben keine brucke gebaut die das Alte mit der neue Welt bindet. In contrast hat die "neue Welt" beiner kein mitologie. Es sind wie zwei Gruppen, eine hat wasser, die andere Brot, un weil da keine Brueke ist sterben sie langsam alle.

Martin_Weyers
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Post by Martin_Weyers »

B.E.P., SiCollier & Cliff, vielen Dank für eure Vorschläge!

Cliff, das Problem mit den Ureinwohnern ist mir auch von unserem australischen Associate OliveBranch bekannt, der mich Ende letzten Jahres besucht hat. Er erzählte mir, daß seine Versuche einer Kontaktaufnahme mit den Aborigines von deren Seite immer ziemlich abgeblockt wurden, obgleich ein ehrliches Interesse und entsprechende Offenheit bestanden hat.

Du hast recht in bezug auf den Schluß von Whale Rider - man wollte offenbar zeigen, daß die "Heldenreise" des kleinen Mädchens letztlich der ganzen Gesellschaft zugute kommt. Irgendwie fand ich's trotzdem ein bißchen zu dick aufgetragen. Ich hab mich ein bißchen an die etwas langweiligen Feierszenen am Ende mancher StarWars Filme (oder auch Herr der Ringe, Teil 3, wobei ich den nur vom Hörensagen kenne) erinnert gefühlt.
Works of art are indeed always products of having been in danger, of having gone to the very end in an experience, to where man can go no further. -- Rainer Maria Rilke

Solitaire
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Post by Solitaire »

P. Pulman: "The Golden Compass", "The Subtile Knife" und "The Amber Spyglass"

Sind zwar alle 3 auch Fantasy/Jugendliteratur, ich würde sie aber durchaus auch in die Reihe der "Heldenreisen" aufnehmen und bei dem Thema kommen wir ja auch am "Herrn der Ringe" nicht vorbei.
Blessings, Solitaire (creator of the Wiccan Cards, published by LoScarabeo, Turin, available at www.houseoftarot.com )<br><BR><br><BR>"The moral value of a nation can be judged by the way its animals are treated."

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Post by SiCollier »

Ich habe lange überlegt, ob ich das Buch empfehlen soll, denn es kann (wie es im Vorspann heißt) „die religiösen Gefühle von Lesern verletzen.“ Ich will es dennoch erwähnen:
Regina Berlinghof „Mirjam. Maria Magdalena und Jesus“
Das ist die Homepage der Autorin, wo man weitere Informationen finden kann: http://www.regina-berlinghof.de/mirjam.htm

Der Handlungsablauf entspricht so gar nicht den „offiziellen Darstellungen“, ist aber von einer fast beängstigenden Logik und Folgerichtigkeit. „So könnte es wirklich gewesen sein“ - der Gedanke drängt sich unwillkürlich auf.

Außerdem hat mich die Interpretation der Lehren Jesu sehr an Campbell erinnert, vor allem im Bezug auf das, was er zum Reich Gottes und dessen Kommen gesagt hat.

<font size=-1>[ This Message was edited by: SiCollier on 2004-11-10 13:54 ]</font>

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Post by SiCollier »

Vor einiger Zeit habe ich mir den Film Whalerider angesehen, kürzlich aber erst das Buch gelesen (mit dem ich mich sehr schwer getan habe. Zum Glück ist es sehr dünn).
Bevor ich näher darauf eingehe, will ich erst den Film nochmals sehen, da vieles jetzt aus dem Buch, aber nicht mehr aus dem Film präsent ist.

Martin am 31. Aug. 2003 (und andere später zur gleichen Thematik):
(Nur der Schluss erschien mir ein wenig aufgesetzt. Wie schön wäre es gewesen, wäre Pai einfach auf dem Wal davongeritten...)
Nun ja, das entspricht dem Ende im Buch. Dort taucht Pai nach drei Tagen wieder auf. Die Wale haben dafür gesorgt, daß sie wieder zurück kommt. Der alte Walbulle, auf dem sie ritt, erinnerte sich an den ursprünglichen Walreiter (den vom Mythos) und wußte daher, daß das Mädchen zurück zu seinem Volk muß.

Das für heute.

Solitaire
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Post by Solitaire »

Whalerider war ein beeindruckener Film, rein von den Bildern her hätte mir auch die Sequenz, auf der Pakea den Wal reitet als Schluss am besten gefallen, wobei im Buch die Rückkehr nach 3 Tagen einen wesentlich tieferen Sinn gibt als das happy end im Film.

Was nun das Verhältnis indigene Kulturen und Weiße anbgelangt, so darf man nicht vergessen, dass die Vorbehalte indigener Gruppen gegen einen "Ausverkauf" ihrer Spiritualiät durch Weiße (aber auch Leute in den eigenen Reihen) auch nicht von der Hand zu weisen ist. Etliche Natives fürchten einfach, dass man ihnen heute ihre religiöse Identiät nimmt, nachdem man ihnen in vergangenen Jahrhunderten bereits Land, Lebensgrundlage, Kultur, Sprache etc gewaltsam genommen hat.

Martin_Weyers
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Post by Martin_Weyers »

Das Buch kenne ich leider nicht.

Ich verstehe die Bedenken der Ureinwohner, obgleich ich vermute, das eine Kultur heute nicht länger überleben kann, wenn sie sich nicht nach außen öffnet (und damit sogar Mißbrauch riskiert).

Ich denke, man kann das recht gut an der tibetischen Kultur nachvollziehen: Solange diese sich abgeschottet hat, war sie isoliert und damit auch umso gefährdeter. Im Zuge ihres Exils hingegen haben der Dalai Lama und seine Landsleute die Herzen der Welt erobert, und konnten zu einer der bedeutendsten spirituellen Bewegungen unserer Zeit werden: Lokal gefährdet, aber global wirksam.
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On 2006-06-29 08:56, Martin_Weyers wrote:

Ich verstehe die Bedenken der Ureinwohner, obgleich ich vermute, das eine Kultur heute nicht länger überleben kann, wenn sie sich nicht nach außen öffnet (und damit sogar Mißbrauch riskiert).
Ja, das ist auf jeden Fall auch ein wichtiger Punkt, wobei es eben auch bei den indigenen Kulturen 2 Lager gibt: die Traditionalisten, die es eben bewahren wollen und am liebsten auch ihren eigenen Stammesangehörigen die Beschäftigung mit anderen spirituellen Richtungen verbieten möchten und eben die anderen, die sagen, lieber eine Vermittlung ihrer Kultur durch ihre eigenen Leute bzw. eine Annäherung an die Weißen. Die berühmte Goldene Mitte wäre vielleicht das Beste.

SiCollier
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Post by SiCollier »

Um auch hier mal wieder was neues zu erwähnen:

Solaris von Stanislaw Lem bietet einiges an Denkanstößen.

Ich habe jetzt zuerst den Film (von Stephen Soderbergh) gesehen, dann das Buch gelesen, und dann nochmals den Film geschaut (das Ende dann mit dem Kommentar des Regisseurs dazu).

Meiner Meinung nach geben sowohl Buch als auch Film einiges her. (Derzeit eigentlich im Urlaub und selten online, melde ich mich später nochmals dazu, kann aber 2-3 Wochen dauern.)

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