Das bist Du - Historizität im Christentum

Wisst Ihr mehr über Mythologie, Philosophie, Religionen, Symbole, Mystik, Joseph Campbell etc., als Ihr in englischer Sprache ausdrücken könnt? Oder interessieren euch Themen, die speziell für den deutschen Sprachraum relevant sind? Für Beides ist das deutschsprachige Diskussionsforum der richtige Ort!

Moderator: Martin_Weyers

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Kürzlich habe ich „Das bist Du“ von Joseph Campbell gelesen. Da ich derzeit etwas im zeitlichen Druck bin, will ich jetzt nur auf ein Problem zu sprechen kommen, das mich bewegt.

Er stellt sehr darauf ab, daß das Christentum (wie Judentum) zu sehr auf historische Wahrheit als auf Metaphern baue. So geht die (kath.) Kirche von Jungfrauengeburt, Passion, Auferstehung und vielem anderen als historischem Fakt aus. Campbell plädiert dafür, diese Dinge als Metaphern zu verstehen. Und er liefert interessante Belege dafür, daß diese Ideen wesentlich älter als das Christentum sind und von früheren (heidnischen) Religionen übernommen wurden.

Als jemand, der viele Jahre sehr stark der kath. Kirche verhaftet war, habe ich diese Dinge früher nie hinterfragt, sondern - wie ich es gelernt habe - als Fakten genommen. Bisweilen mußte ich dann feststellen, daß die Kirche selbst von manchen „Fakten“ abrückte, z. B. dem Kindermord durch Herodes.

So weit, so gut.

Der Knackpunkt ist für mich: wenn alles „nur“ metaphorisch zu verstehen ist, verliert das Christentum dann nicht seine Bedeutung, seinen Wert? Fällt nicht die ganze Lehre dann wie ein Kartenhaus in sich zusammen?

In dem Buch „Der Jesus Papyrus“ berichtet Carsten Peter Thiede (Prof. für Umwelt und Zeitgeschichte des NT in Basel. Papyrologe. Leitet im Auftrag der israel. Antikenbehörde die Schadensanalyse der Schriftrollem vom Toten Meer) über ein antikes Stück Papyrus, das auf jeden Fall vor 70 nach Chr. entstanden ist und einem CODEX entstammt. Im Laufe seiner Argumentation (Taschenbuch ca. 300 Seiten) sieht er es als mit hoher Wahrscheinlichkeit erwiesen an, daß die Evangelien tatsächlich von Augenzeugen relativ kurz nach den Geschehnissen geschrieben wurden. Und zwar in der Form, wie wir sie heute noch kennen, als Tatsachenbericht, nicht als Metapher. (D. h. die oft bemühten "Spruchsammlungen von Aussprüchen Jesu" und die "Endredaktion" gab es nicht.)

Heißt das dann nicht, daß zumindest die Geschehnisse um Tod und Auferstehung, bei denen man sich im Evangelium ausdrücklich als Augenzeuge darstellt, historisch so statt gefunden haben könnten bzw. müßten?

Fragende Grüße

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Martin_Weyers
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Post by Martin_Weyers »

Ich möchte niemand seinen Glauben ausreden, und möchte daher nichts weiter tun, als meinen eigenen Standpunkt wiedergeben.

Das Buch von Prof. Thiede habe ich nicht gelesen, und wäre vermutlich auch nicht ausreichend kompetent, um die Stichhaltigkeit seiner Argumente zu prüfen. Mit den Evangelien ist traditionell die Vorstellung verbunden, daß sie Generationen nach dem Tod Jesu entstanden seien. Keine Frage, daß unter denselben Bedingungen im Laufe von wenigen Jahrzehnten vergleichbare Legenden auch um Persönlichkeiten wie Gandhi oder Martin Luther King ranken würden.

Aber selbst wenn die Evangelisten Zeitgenossen Jesu befragen konnten, denke ich nicht, daß wir alles in den Evangelien wörtlich nehmen sollten. Zum einen widersprechen sich die Darstellungen zum Teil, zum anderen wären wir zu Recht skeptisch, wenn uns heute jemand von einem Menschen erzählen würde, der von den Toten auferstanden sei. Wir würden das vermutlich als naiven Aberglauben oder abtun oder annehmen, daß es sich lediglich um einen Scheintod gehandelt hat.
Die Biografie eines mythischen Erlösers ist bildhafter Ausdruck der mit ihm verbundenen Lehre. Sie heftet sich an den Erlöserheros, wie sich Legenden stets an alle großen Gestalten heften. Denken wir etwa an Abraham Lincoln, der als großer Witzeerzähler bekannt war. Zwanzig, dreißig Jahre nach seinem Tod sagte jeder, der einen guten Witz zu erzählen hatte, er sei vom alten Abe Lincoln.

Joseph Campbell, Das bist du, S. 110
Kann man nicht „zwanzig, dreißig Jahre nach seinem Tod“ guten Gewissens wegstreichen?“

Daß wir dazu tendieren, den Evangelisten eine höhere Glaubwürdigkeit zuzubilligen, hängt meines Erachtens damit zusammen, daß wir uns wünschen, die Berichte seien in einem wörtlich-historischen Sinn wahr, was wiederum mit unserer religiösen Erziehung zusammenhängt. Was uns als Kindern eingeimpft wurde, werden wir unser ganzes Leben lang kaum los. Allerdings kann dieser wörtliche Glaube in einen metaphorischen verwandelt werden, wofür Campbell ja selbst ein gutes Beispiel ist.

Wenn man sich klar macht, daß die Hauptmotive („Elementargedanken“) in allen möglichen Kulturen, Mythen und Religionen vorkommen, dann wird der historische Wahrheitsgehalt der christlichen Glaubenssätze relativiert. Es sind „Völkergedanken“ (nach Adolph Bastian), was jedoch nicht heißt, daß alles „nur metaphorisch“ zu verstehen ist. In diesen Motiven sind die „Elementargedanken“ enthalten, die tiefe psychologische, und darüber hinaus mystische Erfahrungen spiegeln.

Von zentraler Bedeutung ist für mich der Titel Das bist du (oder, im Original: Thou art That). Dieser Titel ist der Chandogya Upanishade entnommen. Das bist du spiegelt die mystische Erfahrung des Einssein von allem Sein, und bedeutet, wenn man diese Erkenntnis zuende denkt, das alles heilig, alles Ausdruck von Transzendenz ist. (Goethe’s Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis.) Wenn man diese zentrale Einsicht verinnerlicht hat, die für mich den Kern von Religiosität schlechthin bedeutet, braucht man keine übernatürlichen Wunder mehr, um religiös zu sein. Die Lösung für eine zeitgemäße Religiosität besteht daher in der Mystik. In diesem Zusammenhang möchte vor allem die Bücher des Mystikers, Benediktiners und Zen-Meisters Willigis Jäger empfehlen. Seine Bücher Die Welle ist das Meer und Suche nach dem Sinn sind die besten Einführungen in die Mystik, die ich kenne. (Nebenbei bemerkt, habe ich auffällig viele Parallelen zwischen der Sichtweise von Campbell und Jäger entdeckt. Interessant scheint mir dabei vor allem, daß beide von zwei verschiedenen Seiten her – Mythenforschung und innere Erfahrung - zu einer übereinstimmenden Sichtweise kommen.)

Der Verlagstext auf dem Umschlag von Das bist du deutet den Titel übrigens anders ...
Der biblische Mythos lebt fort, in unserem Unterbewusstsein, in unseren Träumen, in den Herausforderungen der Welt von heute, in jedem von uns: „Das bist du.“

Verlagstext Das bist du
... nämlich nicht als eine Identität von Ich und Welt, Subjekt und Objekt, sondern als eine Identität von abendländischem Individum und religiöser Tradition. Das jedoch bezeichnet Campbell als „soziale Identifikation“, anstelle einer „mythischen Identifikation“, die letztendlich auf eine mystische Identifikation hinausläuft, wie sie durch Das bist du ausgedrückt wird, auch wenn Campbell meines Wissens nicht ausdrücklich von Mystik spricht. (Zum Theme soziale und mythische Identifikation empfehle ich das vorletzte Essay/Kapitel in Der Flug der Wildgans, z. Zt. leider vergriffen, jedoch in der Regel antiquarisch zu bekommen)

Um zur Kernfrage zu kommen ... fällt deshalb gleich das Kartenhaus zusammen? Keine Ahnung, zumindest relativiert sich die Bedeutung von Jesus Christus insofern, das er ein Mensch war. (Ich möchte es jedoch vermeiden zu sagen, er sei „nur“ ein Mensch gewesen. Denn schließlich: Das bist du, und auch Jesus war natürlich „das“, und sich dessen viel bewusster als es die Theologen, welche eine Lehrgebäude errichtet haben, das wir fälschlich mit Jesus eigener Lehre verwechseln.) Die „Relativierung“ des Christentums, wie sie in Das bist du erfolgt ist nur eine historische Relativierung, d. h. der mystische Gehalt bleibt unangetastet. Diese Relativierung lässt sich auch positiv verstehen, bedeutet sie doch letztendlich, daß man andere Religionen und Religions“-gründer“ gleichermaßen ernst nimmt.

<font size=-1>[ This Message was edited by: Martin on 2004-01-25 10:52 ]</font>

SiCollier
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Danke für die Antwort. Inhaltlich will ich erst darüber nachdenken, bevor ich ggf. darauf eingehe.

„Glauben „ausreden“: ich denke, der Sinn eines Forums besteht gerade darin, seine Meinung darzutun und mit anderen auszutauschen. Daß da durchaus gegensätzliche Meinungen aufeinanderprallen können, ist eigentlich klar. Aber das macht doch gerade den Reiz und die Attraktivität eines solchen Forums aus. Solange man gewisse Umgangsformen und gegenseitigen Respekt bewahrt. Und von besseren Argumenten lasse ich mich sicherlich überzeugen...

Kompetenz für Papyrologie habe ich auch nicht. Mich hat fasziniert, was man alles aus so kleinen Überresten herauslesen kann. (Er hat übrigens auch Argumente seiner Gegner angeführt, mit Quelle, und Erwiderung seinerseits.)

Ich gehöre zu den Menschen, die die Lehre, daß alles historisch wörtlich zu verstehen ist, quasi mit der „Muttermilch“ eingesogen haben. Auch im Religionsunterricht wurde uns das so beigebracht. Mit Einschränkungen („Natürlich hat Gott die Welt nicht in sieben Tagen erschaffen“!), aber immerhin. Bis vor nicht zu langer Zeit habe ich das alles im Prinzip nicht infrage gestellt. Ich sehe mich etwa ähnlich der Situation eines Helden eines Romanzyklus, den ich kürzlich gelesen habe, (obwohl ich mich eher nicht als „Held“ im überkommenen Sinne sehe), der erkennen muß, daß alles, was er (und an was er) bisher geglaubt hat, nicht stimmt. Die Autorin schreibt auf Ihrer Website, daß sie als Vorbild für die „Kirche“ in dem Buch die kath. Kirche des Mittelalters genommen hat. Nun ja, abgesehen von Inquisition, Hexenprozessen und diesen Dingen hat sich nicht allzuviel verändert.

Dieser „Held“ muß einen langen Weg bis zu seiner neuen Identität gehen. Und auf einem solchen Weg sehe ich mich auch. Wo der hinführt, weiß ich noch nicht. Nur habe ich festgestellt, daß ich bei Campbell auf Fragen, die mich teilweise schon seit meiner Jugend umtreiben, erstmals in meinem Leben Antworten gefunden habe, die sinnvoll sind und die ich akzeptieren kann. Das gibt zu Hoffnung Anlaß.

„Den Flug der Wildgans“ habe ich mir vor einiger Zeit (über ZVAB) antiquarisch besorgt. Allerdings will ich als nächstes Campbell-Buch wahrscheinlich den „Heros in tausend Gestalten“ lesen.

Übrigens habe ich in meiner Zeit als Verlagsvertreter Bücher von Willigis Jäger in "meinen" Verlagen gehabt. Allerdings heißt das nicht, daß ich sie gelesen habe. Ich sollte sie ja verkaufen. Und da reichten meist die Informationen des Verlages aus.

<font size=-1>[ This Message was edited by: SiCollier on 2004-01-26 12:50 ]</font>

Martin_Weyers
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Post by Martin_Weyers »

On 2004-01-26 11:28, SiCollier wrote:
Allerdings will ich als nächstes Campbell-Buch wahrscheinlich den „Heros in tausend Gestalten“ lesen.
Gute Idee! Sicher eines der schwierigeren Bücher von Campbell, aber wenn man wirklich unter die Oberfläche dringen will, ist dieses Buch erste Wahl. Ich kenne Leute die Heros in tausend Gestalten zu langatmig oder umständlich finden. Zuerst habe ich das auch gedacht. Nachdem ich jedoch systematisch zu lesen angefangen habe, mußte ich feststellen, daß mich die im Buch aufgezeigten Motive der Heldenfahrt sogar bis in die Träume verfolgen, allerdings in einem sehr positiven und kreativen Sinn.

<font size=-1>[ This Message was edited by: Martin on 2004-02-05 03:27 ]</font>

Siddha
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SiCollier

Ist die Bible ein historisches document die echte taten beshreibt? Das ist eine frage die man nicht 100% antworten kan, man can in meine opinion nur eine persoenliche antwort finden.

Fur mich, wenn wier nur di Bible haeten dan wuerde es sehr swierig sein, aber wir haben viele documente from vielen anderen culturen. Dan wen wir es alles lesen als metapher koennen wir die Elemental Gedanken endeken. Fuer mich, dass war der Moment vo alles klar becam.

Aber Campbell selbst sagt das man nich seine eigene Religion or Filosophie weg schmeizen must, man brauch nur tiefer in sie gehen.

Die Elemental Gedenken sind in alle religionen, wie es beshreibt wird ist in meine opinion nicht sehr important solange wir die tiefer Bedeutung finden. Dan can man zum Kino gehen, ein modernes film sehen und die selben Elemental Gedanken geniesen.

Ich habe Deutsch seit sehr viele Jahre nicht geuebt, ich hoffe das mein comentar Sinn macht.

Martin_Weyers
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Post by Martin_Weyers »

Hallo Dragen!

Dein deutsch ist sehr gut verständlich. Über einen RoundTable-Leiter, der deutsch spricht, freue ich mich natürlich ganz besonders.

Ich denke, du hast recht: Es kann heute ein wichtiger Schritt sein, hinter den Völkergedanken die Elementargedanken aufscheinen zu sehen. Dennoch brauchen wir sicherlich die Völkergedanken, um den Archetypen eine verständliche und lokal gültige Form zu geben.

Siddha
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Martin,

Vielen dank! I habe 8 jahre Deutsch gelernt aber es night in 20 jahre genuetzt... Jetzt can ich es fileicht ein bishen ueben.

I hoffe das ihr bald ein forum in Spanish entwikelt. Mein Spanish is fiel besser und ich mochte dieses Jahr in Costa Rica ein par "workshops" leiten (in spanish) die mit dem tema "folgen sie ihrem bliss" taten. Es wuerde prima sein wen die jcf.org ein spanish forum haette das ich recomendieren koente!

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Post by SiCollier »

Dragen

danke für Deine Antwort. Ich hatte bisher nicht zu viel Mut gehabt, meine Gedanken über mythologische Themen in einer Fremdsprache auszudrücken. Wenn ich es schaffe (auch zeitlich), meine Gedanken ins Englische zu bringen, werde ich das Thema vielleicht auch noch im internationalen Forum zur Sprache bringen.

* * *

Ist die Bibel historisch echt? Heute war in der Zeitung „Die Welt“ eine kurze Meldung, die ich wörtlich wiedergeben möchte:
<b>Mehrheit glaube der Bibel aufs Wort</b> <br>
Ein Großteil der US-Bürger glaubt, daß sich die Geschichten aus der Bibel wortwörtlich so ereignet haben. Nach einer Umfrage des US-Fernsehsenders ABC sind jeweils rund 60 Prozent der US-Bürger überzeugt, daß Gott die Erde tatsächlich in sechs Tagen erschuf, Moses zusammen mit seinem Volk das Rote Meer durchquerte und es die Sintflut und die Arche Noah tatsächlich gegeben hat. Dagegen weist eine überwältigende Mehrheit, rund 90 Prozent, den Vorwurf zurück, die Juden seien schuld am Tod von Jesus.
Bevor ich, auch ausgelöst durch den Tod meines Vaters, ernsthaft begann, mich mit der Thematik „Mythologie“ (im weitesten Sinn) zu befassen, hatte ich über die Historizität des Christentums nie ernsthaft nachgedacht. Daß es mit der Himmelfahrt Probleme gab, war klar. Darauf hatte uns schon vor Jahren in der Schule der Pfarrer hingewiesen. Und daß Gott die Welt nicht in sechs Tagen erschaffen hat, war mir auch schon lange klar.

Doch habe ich noch gelernt (und eben nie hinterfragt), daß gerade die Auferstehung der Beweis für die Richtigkeit des Christentums sei. Denn das habe es in der ganzen Menschheitsgeschichte noch nie gegeben, und der Mensch könne nichts absolut neues erfinden. Womit die Richtigkeit (= Historizität) bewiesen sei. Erst bei Campbell fand ich, daß das nicht stimmt, sondern das Motiv (wie auch die Jungfrauengeburt) sehr wohl auf der Erde bekannt war und vom Christentum übernommen wurde.

Und nun stehe ich eben vor dem „Problem“, daß vieles von dem, was ich lernte und glaubte (und eben nie hinterfragt habe), sich als nicht haltbar erweist, weil die Voraussetzungen nicht stimmen. Die alten Grundlagen sind verloren, neue (noch) nicht gefunden. Der Weg zwischen den beiden Bereichen ist mühsam, wie lange er dauert, bleibt abzuwarten.

Das mit dem Kino ist auch gar nicht so abwegig. Campbell selbst hat ja zu diesem Thema (Stichwort „Star Wars“) einiges beigetragen. Und Stephen Simon (Produzent u. a. von „What Dreams May Come“ - deutsch „Hinter dem Horizont“ - und „Somewhere in Time“) hat zu diesem Thema sogar ein Buch veröffentlicht.

SiCollier

PS. Ich habe erstmals (Dank an Martin für Hinweise im englischen Forum) Formatierungsbefehle eingesetzt. Erst, wenn diese Post gesendet wurde, sehe ich, ob die Befehle richtig funktionieren. Bitte eventuelle Fehler entschuldigen. Danke.


<font size=-1>[ This Message was edited by: SiCollier on 2004-02-17 04:35 ]</font>

Martin_Weyers
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Post by Martin_Weyers »

On 2004-02-15 16:54, dragen wrote:
I hoffe das ihr bald ein forum in Spanish entwikelt. Mein Spanish is fiel besser und ich mochte dieses Jahr in Costa Rica ein par "workshops" leiten (in spanish) die mit dem tema "folgen sie ihrem bliss" taten. Es wuerde prima sein wen die jcf.org ein spanish forum haette das ich recomendieren koente!
Ein spanisches Forum wird es früher oder später geben, Dragen. Da wir recht viele Associates mit Spanisch als Muttersprache haben, bietet es sich sicherlich an, ein solches Forum einzuführen. Soviel ich weiß, fehlt es bloß noch an ein einem "Freiwilligen", um es zu moderieren. Ich werde mal nachfragen, wie's ausschaut.
On 2004-02-17 04:34, SiCollier wrote:
Nach einer Umfrage des US-Fernsehsenders ABC sind jeweils rund 60 Prozent der US-Bürger überzeugt, daß Gott die Erde tatsächlich in sechs Tagen erschuf, [...]
Ist es nicht seltsam, daß unsere Religion die meisten intelligenten Menschen, die damit aufwachsen, früher oder später in eine Krise stürzt, anstatt sie durch's Leben zu führen, während 60% der US-Amerikaner immer noch in einer "Kindergartenwelt" leben? (Die Formulierung - das Weltbild der Bibel als Kindergartenwelt - stammt übrigens von Campbell; Kein Wunder, das der Mann es schwer hatte in seinem Heimatland und bis heute von vielen angefeindet wird, bis hin zu Antisemitismus-Verleumdungen.) Vielleicht erklärt diese Kindergartenwelt auch die amerikanische Kindergartenpolitik? Es wäre doch interessant zu wissen, wie viele von den 60 % Herrn Bush gewählt haben!

<font size=-1>[ This Message was edited by: Martin on 2004-02-29 03:19 ]</font>

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Ich habe derzeit kaum Zeit, mich im Forum zu melden. (Leider ist das deutsche auch schwach besucht – sehr schade eigentlich). Dieser Tage bin ich jedoch auf ein Buch aufmerksam geworden, das zu dem Thema dieses Topics paßt:

Walter Simonis „Auferstehung und ewiges Leben? Die wirkliche Entstehung des Osterglaubens“ (Patmos, 2002, ISBN 3-491-70345-X; der Autor ist Professor für Dogmatik und Dogmengeschichte an der Uni Würzburg).

Ich lese es derzeit und habe zu meiner Überraschung festgestellt, daß der Autor in wesentlichen Punkten die gleichen Ansichten äußert und vertritt wie Joseph Campbell. Wenn ich durch bin, und nach Ostern etwas mehr Zeit habe, lasse ich dazu nochmals was hören.

Schöne Grüße

SiCollier
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Martin_Weyers
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Post by Martin_Weyers »

Vielen Dank für den Buchtipp - klingt interessant!

Zur Besucherfrequenz im deutschsprachigen Forum:

In Deutschland ist Joseph Campbell erst noch zu entdecken. Ich wundere mich immer wieder wie wenig er bekannt ist. Und fast alle Leute, die über diese Website zu unserer Heidelberg RoundTable-gruppe dazugestoßen sind, sind in Deutschland lebende Amerikaner, Iren oder Briten. Man kann es aber auch positive sehen. Vor ein paar Tagen erhielt ich eine E-Mail, in der zu lesen war, daß wir in Deutschland Pionierarbeit leisten - das hört man doch gern, oder?!

Ich freue mich auf die Ergebnisse osterlicher Lektüre!

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Post by SiCollier »

Seit dem oben erwähnten Buch „Auferstehung und ewiges Leben“ frage ich mich, wie „Heilige Schriften“ eigentlich entstehen.

Dazu paßt: heute kam in der „wahren Geschichte“ in Klassik-Radio die Geschichte über einen Ritter Blaubart, die mich zum Nachdenken brachte. In dieser (französischen) „Volkserinnerung“ werden zwei Ereignisse aus verschiedenen Zeiträumen miteinander zu einer Geschichte verknüpft. Die eines Ehegatinnen-Mörders aus dem 6. Jahrhundert mit der eines hingerichteten Ritters aus dem 15. Jahrhundert (dessen Prozeßakten vollständig erhalten sind).

Ich frage mich, wie so was eigentlich vor sich geht. Daß zwei völlig verschiedene Geschichten zu einer verschmelzen und nach einiger Zeit nicht mehr zu unterscheiden sind. (Solches begegnet einem in der Artus-Sage ja auch.)

Nach „Auferstehung und ewiges Leben“ habe ich „Das bist Du“ nochmals gelesen, weil ich mit dem eben beschriebenen Problem nicht zurande komme.

Wenn ich Campbell richtig verstehe, ist (ich spreche jetzt vom Neuen Testament) die Bibel in Metaphern-Sprache geschrieben. Aber wie geht so was? Setzt sich jemand in dem klaren Bewußtsein hin „Ich schreibe jetzt nicht historisch, sondern in Metaphern“? Und wie ist dann ein Text zu verstehen wie:
„Christus ist für unsere Sünden gestorben, gemäß der Schrift / und ist begraben worden. Er ist am dritten Tag auferweckt worden, gemäß der Schrift, / und erschienen dem Kephas, dann den Zwölf. / Danach erschien er mehr als fünfhundert Brüdern zugleich; die meisten von ihnen sind noch am Leben, einige sind entschlafen. Danach erschien er dem Jakobus, dann allen Aposteln.“ (1 Korinther, 15.3-7)
Der Text entstand etwa zwischen 53 und 55 n. Chr. (Quelle: Einheitsübersetzung der Hl. Schrift, Kath. Bibelwerk, 1982). Damals haben noch etliche Augenzeugen gelebt. Eine „Lüge“ wäre also nachprüfbar gewesen und ziemlich schnell aufgeflogen.

Wie also verstehe ich so einen Text?

Fragende Grüße

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Post by Martin_Weyers »

Darüber haben wir bereits in dem englischen Thread über Mel Gibsons Film Die Passion Christi gesprochen.

Überzeugend fand ich dabei den Hinweis eines Teilnehmers, daß in früheren Zeiten nicht so genau zwischen historischer (=faktischer) und symbolischer (=psychologischer) Wahrheit unterschieden wurde.

Wie ich schon in dem obengenannten Thread angeführt habe, gilt dies selbst noch für Wolfram von Eschenbach, der sich auf einen (wie praktisch alle Forscher annehmen) erfundenen Kyot beruft, um seiner Geschichte mehr Authentizität zu verleihen. Vermutlich hat sich Wolfram dennoch kaum als Lügner gesehen und wurde auch von seinen Zuhörern kaum hinterfragt. Der Hinweis auf die Auferstehung "gemäß der Schrift" ist im Grunde wohl nicht viel anders zu verstehen, als die Taktik mittelalterlicher Erzähler, sich auf Zeugen aus der Vergangenheit zu berufen, weil man damals nicht neue Gesichten hören wollte, sondern alte Geschichten, jedoch auf neue Weise in Verbindung gebracht mit der faktischen Gegenwart.

Abgesehen davon gibt es selbst heute noch zahlreiche unglaubwürdige Zeugenberichte von UFO-Entführungen etc., und das in der heutigen "Informationsgesellschaft"! Um wieviel leichter muß es vor zweitausend Jahren gewesen sein, Fakten und Gerüchte zu vermischen.

Im Übrigen halte ich es nicht für unmöglich, daß Jesus seinen Jüngern erschienen ist. Angeblich sind solche Fälle (Erscheinungen von Verstorbenen) gar nicht so selten, und sind vermutlich leichter mit einer Fehlleistung unseres Gehirns erklärbar, ohne daß man dabei zwangsläufig auf parapsychologische Deutungen angewiesen wäre. Was wir sehen, ist ja nicht die Realität schlechthin, sondern eine Konstruktion unseres Gehirns, wobei auch Erinnerungen einfließen und starke Emotionen eine Rolle spielen mögen. In gewisser Weise sehen wir dann, was wir sehen wollen, weil wir den Verlust kaum ertragen können. So jedenfalls erkläre ich mir das. Wenn also manchen Menschen (halluzinativ) verstorbene nahe Verwandte oder Freunde "erscheinen", warum sollte dies nicht auch bei einer außergewöhnlichen Persönlichkeit wie Jesus von Nazareth passiert sein?

Ich glaube, daß wir von Vorstellungen wie der faktischen Auferstehung Christi so schwer loskommen, weil sie uns in der Kindheit eingeimpft wurden. Was würden wir denken, wenn uns heute jemand von einem Sektenführer irgendwo in New York, Singapur oder Bottrop erzählen würde, der faktisch Sohn Gottes und von den Toten auferstanden sei? Was, wenn nun ein paar seiner Jünger über's Internet die frohe Botschaft von der Auferstehung verbreiten würden? Seltsamerweise würde das vermutlich von kaum jemand ernst genommen werden, schon gar nicht nicht von denen, die Sonntags in der Kirche die Auferstehung Christi als einem faktisch-historichen Ereignis predigen!

<font size=-1>[ This Message was edited by: Martin on 2004-05-09 06:48 ]</font>

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Martin,

danke für den Hinweis auf das englische Forum. Ich habe begonnen, mich dort einzulesen. Aber ob ich so weit komme, aktiv an der dortigen Diskussion teilzunehmen, weiß ich noch nicht. Interessant aber, daß die gleichen Bücher zitiert werden, die ich auch gelesen habe (Thiede / Crossan – mit dem ich allerdings nicht zurecht kam). Wenn ich es geschafft habe, mich „auf den aktuellen Stand zu lesen“, lasse ich vielleicht dort von mir hören, zumal etliche Fragen angesprochen wurden, die auch mich sehr bewegen.

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Ich weiß, ich war selbst länge Zeit sehr schweigsam. Dennoch:

So viele Views - und so wenig Antworten. Schade. Ich schlage mich immer noch mit dieser Problematik herum und wäre für weitere Denkanstöße - auch provokative - durchaus dankbar.

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